Der Giebel

 

Giebel
Giebel, weiblich, mit deutlich ausgeprägter Seitenlinie.

Giebel, weiblich, mit deutlich ausgeprägter Seitenlinie.

Systematik
Ordnung: Karpfenartige (Cypriniformes)
Überfamilie: Karpfenfischähnliche (Cyprinoidea)
Familie: Karpfenfische (Cyprinidae)
Unterfamilie: Cyprininae
Gattung: Karauschen (Carassius)
Art: Giebel
Wissenschaftlicher Name
Carassius gibelio
(Bloch, 1782)

Der Giebel oder die Silberkarausche, Carassius gibelio (Bloch, 1782), ist ein mittelgroßer, mit der Karausche nahe verwandter Karpfenfisch mit diffuser Verbreitung in Süß- und Brackgewässern Eurasiens. Er gilt als Stammform des Goldfisches.

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Merkmale

 
Der Giebel auf dem Kupferstich zu der Erstbeschreibung durch Bloch, 1782

Der Giebel ist ein typischer, meist hochrückiger und bartelloser Karpfenfisch mit einer silbrig schimmernden, graugrünlichen Grundfärbung, mit aufhellendem Verlauf von der Rücken- zur Bauchseite. Der Körper ist komplett beschuppt, wobei die Schuppenränder über einen hell abgesetzten Rand verfügen. Das Seitenlinienorgan ist vollständig und deutlich ausgeprägt. Alle unpaarigen Flossen sind dunkelgrau, Brust- und Bauchflossen graugrünlich mit milchiger Membran. Die homocerke Schwanzflosse ist gegabelt. Öffnet man die Leibeshöhle frischtoter Giebel, stellt man fest: das Bauchfell ist fast schwarz pigmentiert.[1] In seltenen Fällen ist die Bauchfellfarbe des Giebel silbrig glänzend – aber niemals wie bei der Karausche durchsichtig.[2]

Giebel erreichen in der Regel Gesamtlängen um 40 Zentimeter; Einzelfälle größerer Exemplare sind zwar beschrieben, aber unbelegt. Giebel besitzen, wie alle Karpfenfische, keinen Magen. Ihre Kiefer sind zahnlos, im Rachenraum sitzen jedoch kräftige Schlundzähne. Die mit dem weit vorstülpbaren Maul aufgenommene Nahrung wird zwischen diesen Schlundzähnen und einer ihnen gegenüber liegenden, sehr massiven knöchernen Kauplatte, dem sogenannten Karpfenstein, zerkleinert. Die eigentliche Verdauung findet im Darm statt. Giebel gehören zu den Ostariophysi, die als gemeinsames Merkmal über den Weberschen Apparat verfügen, der sie zur Aufnahme akustischer Reize befähigt. Mit Hilfe dieses knöchernen Gebildes werden mit der Schwimmblase aufgefangene Schallwellen zum Innenohr geleitet.

Eine Verwechslung mit der ebenfalls bartellosen Karausche, (Carassius carassius (Linné) 1758), die deutlich dunkler und kontrastreicher gefärbt ist und deren Körper massiver erscheint, ist kaum möglich.

Flossenformel: Dorsale 18-23, Pectorale 15-16, Ventrale 7-9, Anale 7-9, Caudale 18-20.

 

Verbreitung

In der wissenschaftlichen Erstbeschreibung von 1782 schreibt Bloch:

„Dieser Fisch wird in der Churmark, in Pommern, Schlesien, Preußen und mehreren anderen Ländern angetroffen; denn schon die älteren Ichthyologen: als Gesner, Schwenkfeld und Willughby erwähnen seiner, als einer anderen Art, und um so vielmehr ist es zu bewundern, dass Artedi, Linné, Gronov und Kramer desselben gar nicht gedenken.“

Der Giebel war in Mitteleuropa also bereits im Mittelalter (Gesner, auf den sich Bloch bezieht, lebte von 1516 bis 1565) bekannt, wurde aber immer wieder mit der Karausche, Carassius carassius, verwechselt.

Brehm, der Giebel und Karausche ebenfalls gleichsetzte, schreibt 1884:

„Der Verbreitungskreis der Karausche erstreckt sich über Mittel-, Nord- und Osteuropa. Sie ist häufig in Flüssen, Teichen und Seen des Rhein- und Donaugebietes, Ost- und Westpreußens, ganz Rußlands und Sibiriens, bevorzugt stehendes Wasser, namentlich Seen mit versumpften Ufern oder sogenannte todte Arme größerer Flüsse, kommt aber auch in kleinen Teichen, Pfuhlen, Tümpeln, Sümpfen und Mooren vor, ist überhaupt befähigt, in dem verschiedenartigsten und unreinlichsten Wasser auszuhalten und bei der schmutzigsten, schlammigsten Nahrung zu gedeihen.“

Neben den Herkunftsdaten aus der Erstbeschreibung stehen die Verbreitungsangaben zu den sechs im Augenblick anerkannten, weil mit einer Diagnose versehenen Synonymbeschreibungen zur Verfügung

 

Bedeutung für den Menschen

Ausgewachsene Giebelweibchen erreichen ein durchschnittliches Gewicht von 2,0 bis 2,5 kg. Sie sind grätenarm und verfügen über ein fades helles Fleisch. In Deutschland und Österreich sind Giebel darum keine begehrten Angelfische. An Besatzfischen ist ihr Anteil marginal. Wo sie sich erfolgreich ausbreiten, hemmen sie die Bestandserhaltung der Edelfische. In Wirtschaftsteichen und in der Berufsfischerei mit Netzen und Reusen liegt ihr Anteil in diesen Ländern in einem noch unbedeutenden, aber ansteigenden Bereich unter zehn Prozent. Demgegenüber sind Giebel, wie die gegenüber den Edelfischen geringer bewerteten Weißfische insgesamt, in den Staaten Osteuropas und in Ostasien wichtige Wirtschaftsfische.

Für den Giebel existier(t)en zahlreiche regionale Bezeichnungen. Neben der bekanntesten, Silberkarausche, auch Gold- oder Steinkarausche, Halbgareisl, Halbfisch, Halb-, Karsch-, Buckel-, Karauschen-, Karutzen- und Sittigkarpfen und Hälferling. Giebel sind nach im Augenblick vorherrschender Auffassung die Stammform des Haustiers Goldfisch.[5][6][7] Die Fähigkeit zur unvollkommenen Fortpflanzung ermöglicht die stabile Vermehrung dessen standardisierter Zuchtrassen. Neuere Untersuchungen [8] bezweifeln, dass es sich beim Giebel um die Ausgangsart handelt. Endgültige Klarheit werden erst vergleichende Untersuchungen des Erbguts von Giebel und Goldfisch schaffen.

Naturschutz

Aufgrund seiner enormen Anpassungsfähigkeit ist der Giebel nirgendwo gefährdet. Sein Ausbreitungserfolg ist aber mit eine Ursache für den rapiden Rückgang natürlicher Karauschenbestände, die er mit großem Erfolg ersetzt. Wo er dichte Bestände entwickeln kann, konkurriert er durch Druck auf deren Laich und Larven auch mit Raubfischen.

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